Im vergangenen Jahr war ich irgendwie auf den Geschmack des Pilgerns gekommen und hatte mir nun einen Küstenpilgerweg im Süden ausgesucht. In riesiger Vorfreude auf einen hoffentlich genauso schönen Weg wie im letzten Jahr, ließ ich mich ganz in der Früh an die Bushaltestelle vom FlixBus fahren, der mich zum Flughafen nach Memmingen bringen sollte. Hatte online mein Ticket über das Buchungsportal von FlixBus schön unkompliziert und wirklich günstig erstanden. Mein "Taxi" blieb noch etwas stehen, um mir Gesellschaft zu leisten. Zu meinem Glück, denn der Bus kam schlicht nicht. Nach einem kurzen Telefonat wusste ich auch warum: es waren zu wenig Gäste vorgebucht gewesen und so fiel die Fahrt halt einfach aus! Na toll, das ging ja schon gut los. So saß ich dann ein paar Minuten später mit einem ziemlich dicken Hals auf das Busunternehmen im Auto auf dem Weg zum Flughafen über die Autobahn. Nach knapp einer Dreiviertelstunde stieg ich dann am Flughafen aus und machte es mir in der kleinen Wartehalle im einzigen Bistro auf einem der Sessel bequem.
Nach einem Milchkaffee startete auch schon der Checkin, bei den wenigen Fluggästen ging das ratzfatz und so setzte ich mich ein paar Minuten später ein Stockwerk höher in die nächste Wartehalle. Ich konnte dem Flugzeug beim Landen zusehen, ebenso wie es ausgeladen wurde und dann durften die wenigen Passagiere, die mit mir so frühmorgens flogen, einsteigen. Platztechnisch war das echt klasse - hatte die ganze Sitzreihe für mich. Der Flug ging schnell, ohne Geruckel und Geholpere landeten wir sanft nach ein bisschen mehr als zwei Stunden später in Porto. Hatten wohl Rückenwind. Das Gepäckband spuckte schon unser Gepäck aus, als ich in die Gepäckhalle kam. Praktisch, das klappte wie am Schnürchen. Der Flughafen war um kurz nach acht Uhr morgens fast menschenleer. Mit der Metro fuhr ich dann zum Hauptbahnhof in die Innenstadt von Porto. Dort stand ich um neun Uhr in der berühmten gefliesten Bahnhofshalle, machte einen kleinen Besichtigungs-Rundgang und versuchte danach meine Busverbindung in Richtung Lissabon zu finden. Es dauerte eine Weile, aber dann stand ich an der richtigen Stelle und wartete auf den Fernbus. Ich hatte die Wahl zwischen zwei Buslinien, die "grüne Buslinie" war zwar wesentlich günstiger, fiel aber flach - hatte mir nach der Aktion am Morgen geschworen nicht mit diesem Busunternehmen zu fahren. Meine Busvariante war ein kleiner Bus eines privaten Busunternehmens aus Porto, der bei Bedarf Sonderhaltestellen anfuhr, wenn einer der Gäste an der Küste irgendwo raus wollte. Die 30 Euro fand ich jetzt nicht schlimm und so saß ich etwas später in dem 15-Sitzer.
Es sollte für mich bis Caldas da Rainha gehen bzw. ich wollte vom Busfahrer im kleinen Dorf Foz do Arelho rausgelassen werden. Anfangs hatte ich vor am Strand bzw. in Küstennähe zu laufen und ab Porto dann den "originalen" Weg einzuschlagen bis nach Fisterra. Das Zelt hatte ich dieses Mal nur für den Notfall dabei, eigentlich hatte ich vor in den Herbergen und Unterkünften am Weg zu übernachten. Und da es hier alle paar Kilometer Dörfer mit Einkehrmöglichkeiten gab, brauchte ich auch kein Kochzeug und viel Essen mitzuschleppen.
Über die Autobahn verschwand Porto recht schnell hinter uns und rechts war schön der Atlantik zu sehen. Nach etwa einer halben Stunde Fahrt fing plötzlich der Bus an zu stottern, dann regelrecht zu husten um dann komplett auszugehen. Wir rollten mit Ach und Krach auf die Einfahrt einer Tankstelle. Was für ne Sch… - heute hatte ich irgendwie kein Glück mit den Bussen. Der Bus war hinüber und machte keinen Mucks mehr. Nach etwas Diskussion organisierte das Busunternehmen uns Passagieren notgedrungen mehrere Großraumtaxen. Diese fuhren allerdings nur bis zum nächstgelegenen größeren Bahnhof und das war der von Aveiro. Ich hatte keine Lust mehr nach einer Fahrgelegenheit Zug oder Bus an mein eigentliches Ziel zu suchen und so nahm ich dann zusammen mit einem niederländischen Pärchen und einem Australier ein Taxi zur Küste bis ins kleine Dörfchen Barra, direkt an den dortigen Campingplatz. Da es noch Vormittag war und ich nach der Aktion sowas von Lust auf Laufen hatte, startete ich direkt von dort. Warum nicht, die Wandertage, die ich so "gespart" hatte, könnte ich ja in Galicien noch anhängen und von Fisterra evtl. wieder nach Santiago zurück laufen. War ja flexibel ;-)
Gesagt getan stiefelte ich los bis zum kleinen Hafen in Barra, setzte dort für ein paar Euro mit einem Minimotorboot nach Sao Jacinto über und lief durch den kleinen Ort zum Strand und von dort landkartentechnisch einfach mal in Richtung nach oben. Wollte mal schauen, wie viel Strecke meine Beine und Füße heute schaffen würden. Ich hatte blöderweise vor der Abfahrt nicht meine geliebten Altras in der richtigen Größe bekommen und die alten hätten keine 100 Kilometer mehr gehalten. So musste ich wieder auf die Meindl Cuba GTX zurückgreifen und die machten bekanntlich anfangs Aua an den Zehen. Das Wetter war zum Laufen eigentlich perfekt, nicht wirklich warm und ein Sonne-Wolken-Mix. Nur der echt starke Wind vom Atlantik her machte mir ordentlich zu schaffen. Die Wellen waren richtige Brecher und das war vielleicht laut. Der Strand war hier zum Teil steinig und zum Teil sandig - zum Laufen so naja, aber zum Anschauen klasse. Ich machte zwischen zwei Sanddünen eine kleine Pause. Hatte am Bahnhof in Porto ein bisschen Knabberkram eingekauft und den putzte ich jetzt weg. Nach der Pause lief ich weiter am Strand entlang. Diese Sandlauferei war dann doch anstrengender als ich erwartet hatte und so lies ich mich nach ein paar Stunden Strandgelatsche total fertig in einen der Stühle eines Strandcafes in Torreira fallen. Ich entschied hier in dem kleinen Dorf was zum Schlafen zu suchen und wurde auch schnell fündig. Online gesucht und sofort gebucht ;-) hat doch was dieses Internet. Ich machte es mir in dem kleinen Cafe noch etwas bei leckeren süßen Teilchen (keine Ahnung wie die Dinger heißen, sind aber extrem lecker und eigentlich viiiiel zu klein) und gutem Kaffee gemütlich. Telefonierte noch mit daheim und stapfte dann los in mein B&B. Das Zimmer und die Pension war niedlich klein, die Toilette und Dusche auf dem Gang, aber völlig ausreichend und mit 12 Euro mit Frühstück fand ich echt günstig. Nach der Dusche, ein bisschen Tagebuchschreiben und Hörbuchhören war für mich der Tag auch schon rum...der Strand, der Sand und der Wind hatten mir echt den Rest gegeben. Oder auch die holprige Anreise, egal, ich war auf jeden Fall kurz nach Sonnenuntergang eingeschlafen.
Wenn mich jemand fragt, warum ich jede freie Minute und Urlaube meinen Rucksack packe und alleine losziehe - keine Ahnung, ich kann's ehrlich nicht erklären, warum ich das mache. Nur eins kann ich mit Gewissheit sagen: es macht definitiv süchtig!
Allein unterwegs zu sein - jeden Tag wo anders zu sein - nicht zu wissen, wo man am Ende des Tages landet - die Natur zu genießen - all das sind so die typischen Antworten, die man dann auf solche Fragen gibt.
Goethe beschreibt es meiner Meinung nach ziemlich gut und bringt es mit einem einfachen Satz auf den Punkt: "Nur wo du zu Fuß warst, warst du wirklich!"
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