Richtig erholt und mit bester Laune verließ ich recht früh die Unterkunft. Ich hatte super gut geschlafen, fast 11 Stunden ohne Aufzuwachen auf Grund irgendwelcher "Klo-Gänger" oder "Spätankommer" - hatte ja vom Vortag noch was nachzuholen.
Es war noch frisch in der Früh, die Sonne ging gerade erst auf und ich lief munter bei strahlend blauem Himmel durch das wirklich nicht ansehnliche Städtchen. Einzig der Hafen war toll anzuschauen. Über eine schön alte Brücke ging es auf die andere Seite, dann einen kleinen Hügel hoch vorbei an einem sehr fotogenen Kornspeicher. Die Wegbeschaffenheit war im Verhältnis der letzten Tage regelrecht abwechslungsreich: es wechselte sich Teer, Kopfsteinpflaster, Kies und sogar der ein oder andere Trampelpfad ab. Heute hatte ich mir keine Ziel-Herberge rausgesucht, ich wollte soweit laufen, wie meine Füße Lust hatten. Kurz vor Pontevedra, der nächsten größeren Stadt, lief mir ein wirklich komischer Vogel über den Weg. Leute gibt es hier auf dem Weg, die trifft man sonst nirgends. Ein riesen Lackl, sicher über zwei Meter groß, in einem grünen Militäroveral mit rotem Barett auf dem Kopf und mit einem uralten kleinen Rucksack auf dem Buckel. Der quasselte ohne Unterlass und wirklich wirres Zeug. Zuerst war er Engländer, dann Franzose und danach Schweizer und war angeblich in der französischen Fremdenlegion und hatte Urlaub. Was ein Typ. Zusammen liefen wir in die Stadt rein und kaum in der Innenstadt angekommen, steuerte er die nächste Kneipe an. Ich war heilfroh, als ich alleine meinen Weg fortsetzen konnte. Reichte an Gesellschaft für die nächste Zeit. Direkt vor der schönen alten Kirche auf dem noch recht leeren Vorplatz setzte ich mich in eines der vielen kleinen Cafes und gönnte mir eine kalte Cola und einen leckeren frischgepressten Orangensaft.
Nach der Stadt verlief der Weg gefühlt eine Ewigkeit an Eisenbahnschienen entlang und war nicht sonderlich schön. Einzig der Kies unter meinen Füßen machte mir den Teil nicht madig. Am frühen Nachmittag legte ich eine längere Pause an einer dieser mittelalterlichen Waschstellen ein. Für meine Füße war's eine willkommene Abkühlung, war nämlich ganz ordentlich warm geworden. So gegen vier Uhr hielt ich Ausschau nach Herbergen und laut meines kleinen Büchleins sollte in ein paar Kilometern eine öffentliche Herberge kommen. So trabte ich die nächsten Kilometer in Vorfreude auf eine Dusche vor mich hin. Dauerte auch nicht lange und ich lief durch's Tor der Herberge. Leider war diese geschlossen, würde wohl erst zur "Pilger-Hochsaison" geöffnet werden, und so ging ich einfach weiter in Richtung Caldas de Reis. Kurz vor der Stadt sollte es noch eine kleine private Herberge in Tivo geben. Eventuell hatte ich ja Glück und es wäre noch was für mich frei.
Ich hatte Glück. Konnte mir aussuchen, ob ich das letzte freie Bett der 10 Plätze in einem, wenn's hochkommt 3 x 4 Meter "großen", Zimmer nehmen oder mein Zelt im Garten aufstellen wollte. Ich nahm den Garten, baute mein Zelt rasch auf und genehmigte mir eine schön lange Dusche. Im kleinen Restaurant bekam ich danach noch was leckeres zu essen. Hasen-Ragout mit Bratkartoffeln und Möhrengemüse. Das war ein richtig schöner Abschluss eines langen und heißen Lauftages. Eine Weile ratschte ich noch mit dem Besitzer, der Jäger war, über seine vielen Wildsau-Jagd-Bilder, die in dem kleinen Restaurant an der Wand hingen und verkrümelte mich gegen kurz nach halb neun in mein Zelt. Angenehm kühl war es geworden und ich kuschelte mich in meinen Schlafsack mit Hörbuch im Ohr und schlief rasch ein.
Wenn mich jemand fragt, warum ich jede freie Minute und Urlaube meinen Rucksack packe und alleine losziehe - keine Ahnung, ich kann's ehrlich nicht erklären, warum ich das mache. Nur eins kann ich mit Gewissheit sagen: es macht definitiv süchtig!
Allein unterwegs zu sein - jeden Tag wo anders zu sein - nicht zu wissen, wo man am Ende des Tages landet - die Natur zu genießen - all das sind so die typischen Antworten, die man dann auf solche Fragen gibt.
Goethe beschreibt es meiner Meinung nach ziemlich gut und bringt es mit einem einfachen Satz auf den Punkt: "Nur wo du zu Fuß warst, warst du wirklich!"
Noch so Wandersüchtige: www.wanderbursche.net / www.soultrails.de / darwinonthetrail.com
Und hier, einfach nur toll: www.illpushyou.com