Die Nacht war relativ gut - zwar hatte die Matratze ihre besten Tage hinter sich und war an manchen Stellen etwas ungemütlich, aber es ging irgendwie dann doch recht gut mit dem Schlafen. Da nur Mädels mit im Zimmer lagen, gab's auch kein Geschnarche. Bei bestem Wetter und schönstem Sonnenaufgang lief ich aus dem wirklich nicht ansehnlichen Städtchen raus. Der Weg war im Vergleich zu den Vortagen ein Traum: fast ausschließlich nur Feldwege oder Schotterpisten und vor allem endlich mal lange Abschnitte Natur um einen rum und nicht dieses von Ort zu Ort Gelatsche. Anfangs folgte ich dem Weg durch dichten Wald, dann durch offene Landschaften mit blühenden Wiesen und blühenden Büschen. War was für's Auge und für die Nase ;-)
Viel zu berichten gibt es trotzdem nicht von dem Lauftag - die Kilometer flogen nur so dahin. Läuft sich für mich eindeutig besser mit Grün umzu! Ich machte mittags Rast auf einem Stapel Holzstämmen auf einer Lichtung in einem Eukalyptuswäldchen und döste faul in der Sonne. Der Duft war klasse und durch die herunterhängenden Rindenstücke an den Stämmen der Eukalyptusbäume sah das Ganze richtig wie Urwald aus. Nach gut einer Stunde packte ich wieder zusammen und lief weiter. Dann landete ich nachmittags an einem kleinen Bistro mit Herberge in einem kleinen ruhigen Dorf. Wollte eigentlich nur ne Cola trinken, aber entschied mich dann zum Bleiben. Claudia hatte geschrieben, sie würde in zwei Tagen in Muxia sein und wir wollten zusammen die letzte Etappe nach Fisterra laufen. So teilte ich mir die verbleibende Reststrecke für die zwei Tage ein und machte für den Tag Feierabend.
Das Bett war schnell bezogen, geduscht ebenfalls und wenig später saß ich wieder draußen auf der Bank vor'm Haus und ratschte mit einer Holländerin, die einen Pausentag hier verbracht hatte. Die Zeit verging schnell und bald schon schauten wir beide der Sonne beim Untergehen zu. Abends kochte dann die Oma des Hauses richtig auf und es gab solch riesen Portionen, dass uns beiden das Essen fast schon wieder zu den Ohren rauskam. Es war sooo lecker, aber was es genau war, konnten wir nicht in Erfahrung bringen. Die Oma sprach nur Spanisch, wir leider nicht gut genug und der Besitzer, ihr Sohn, hatte sich für den Abend für ein Fußballspiel frei genommen! Mit vollem Bauch drehte ich noch eine Verdauungsrunde durch das kleine Dorf und eine knappe halbe Stunde später verkrümelte ich mich schon ins Bett.
Wenn mich jemand fragt, warum ich jede freie Minute und Urlaube meinen Rucksack packe und alleine losziehe - keine Ahnung, ich kann's ehrlich nicht erklären, warum ich das mache. Nur eins kann ich mit Gewissheit sagen: es macht definitiv süchtig!
Allein unterwegs zu sein - jeden Tag wo anders zu sein - nicht zu wissen, wo man am Ende des Tages landet - die Natur zu genießen - all das sind so die typischen Antworten, die man dann auf solche Fragen gibt.
Goethe beschreibt es meiner Meinung nach ziemlich gut und bringt es mit einem einfachen Satz auf den Punkt: "Nur wo du zu Fuß warst, warst du wirklich!"
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