Dank meiner Ohrstöpsel war meine Nacht trotz der 16 Leute in dem kleinen Zimmer gut und ich stand früh auf. War gar nicht so einfach lautlos durch das vollgestopfte Zimmer mit Rucksack in der Hand zu kommen, aber irgendwie puhlte ich mich da durch und stand dann erstmal Schlange an den Waschräumen...hatten noch ein paar mehr die Idee gehabt früh aufzustehen. In der Küche setzte ich heißes Wasser für Kaffee auf, den konnte ich dann auch noch alleine gemütlich trinken und als ich grad los wollte, stürmte eine ganze Truppe die Küche. Gut, dass ich fertig war.
Gegen halb acht verließ ich die Herberge in Richtung Barcelos. Das Wetter war richtig gut im Verhältnis zu gestern, zwar verdeckten ein paar Wolken die Sonne, aber es war trocken und kaum Wind. Prima, und zur Abwechslung und meiner großen Freude ging der Weg nach einigen Kilometern hinter der Herberge über matschige Feldwege entlang kleiner Steinmauern durch Wiesen und Felder. Das änderte sich allerdings leider wieder und so passierte ich ein kleines Kaff nach dem anderen über die mittlerweile schon gewohnten Kopfsteinpflasterstraßen. In einem der kleinen Örtchen stieg mir Backduft in die Nase ;-) und etwas später lief ich Croissant-kauend weiter. Einfach lecker diese Dinger. Mit dem Zucker intus lief es sich gleich viel besser trotz des eintönigen Bodenbelags. In Barcelos machte ich dann bei Cola und frischgepresstem O-Saft Mittagspause und trabte danach mit Kopfhörer und Runrig im Ohr weiter. In einem der Orte nutzte ich einen kleinen Tante-Emma-Laden am Weg, um ein bisschen Knabberkram und ein paar Äpfel für unterwegs einzukaufen. Landschaftlich war das Ganze ähnlich eintönig wie der Bodenbelag. An den flachen Hügeln ringsrum sah man Wald und am Weg im Tal zwischen den vielen Ortschaften ein paar Wiesen oder Felder. Auf den letzten Kilometern ging es einige Höhenmeter nach oben - stetig leicht bergauf führte die Teerstraße nach Tamel. Ich fand's super, endlich mal was anderes und meine Füße auch. Bergauf ist Teer komischerweise nicht so schlimm.
Kilometertechnisch hatte ich mir für heute Tamel als Herberge ausgesucht, war aber irgendwie viel zu früh schon da. So machte ich erstmal gemütlich auf den Bänken vor der wirklich hübschen Herberge Pause. Wetter passte dafür auch: die Sonne schien bei angenehmer Temperatur vom blauen Himmel. Neben dem Gebäude stand eine schöne kleine Kirche mit schickem offenen Glockenturm. Allerdings kam das Glockengeläute nicht von der Glocke, die dort zu sehen war, sondern aus kleinen Lautsprechern. Die hingen direkt unter der Glocke ziemlich versteckt. Es dauerte eine Weile bis ich kapiert hatte, wie das Läuten ohne Bewegung der Glocke hinhaut :-) ich überlegte gerade beim Blättern im kleinen gelben Büchlein, ob ich zur nächsten Herbergen weiterlaufen sollte, da kam ein netter junger Mann aus der Herberge und fragte, ob ich schon rein wolle. Bei Aussicht auf noch leere Duschräume und heißes Wasser, sagte ich freudig zu und taperte hinter ihm her in den Eingangsbereich der Herberge. Toll hergerichtet alles und für den unschlagbaren Preis für 5 Euro die Nacht der Hammer! Ich belegte eines der Stockbetten, packte mein Zeug aus und ging erstmal gemütlich duschen. Danach machte ich Wäsche und packte alles draußen an einen Wäscheständer in die Sonne. Die Herberge füllte sich allmählich, bisher aber keine bekannten Gesichter von gestern. Auf einem der bequemen Sessel im Eingangsbereich vertrieb ich mir die Zeit, bis das kleine Restaurant im Dorf aufmachte, mit einem kurzen Tagebucheintrag, einem Telefonat mit daheim und etwas Zeitunglesen. Zusammen mit einer Handvoll Leute lief ich dann um sechs Uhr ins Dorf, um im einzigen Restaurant was zu essen. Es gab wieder ein Pilgermenü, auch diesmal in unglaublichen Mengen. Ich beschränkte mich auf die Suppe. Bestellte mir danach noch einen leckeren Milchkaffee und machte mich gut eineinhalb Stunden später wieder auf in Richtung Herberge. Einen kleinen Schlenker machte ich noch durch das Minidorf: niedliche kleine Häuschen standen hier mit tollen Gärten. Die Wäsche war trocken, als ich dann in der Unterkunft ankam und so packte ich die Klamotten alle wieder ein, ebenso meinen Rucksack für morgen und legte mich mit einem Hörbuch im Ohr ins Bett. Meine ganzen Zimmernachbarn kamen dann etwas später einer nach dem anderen auch eingetrudelt und so tauschte ich meine Kopfhörer gegen Ohrstöpsel, damit das mit dem Schlafen auch klappte.
Wenn mich jemand fragt, warum ich jede freie Minute und Urlaube meinen Rucksack packe und alleine losziehe - keine Ahnung, ich kann's ehrlich nicht erklären, warum ich das mache. Nur eins kann ich mit Gewissheit sagen: es macht definitiv süchtig!
Allein unterwegs zu sein - jeden Tag wo anders zu sein - nicht zu wissen, wo man am Ende des Tages landet - die Natur zu genießen - all das sind so die typischen Antworten, die man dann auf solche Fragen gibt.
Goethe beschreibt es meiner Meinung nach ziemlich gut und bringt es mit einem einfachen Satz auf den Punkt: "Nur wo du zu Fuß warst, warst du wirklich!"
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