Die Nacht war toll und ich hatte wirklich gut geschlafen. Kurz vor acht Uhr war ich frisch gestärkt mit leckerem O-Saft (frisch gepresst...ein Traum!) und voller Wasserreserven schon auf der Bahn, besser gesagt auf dem Strand, in Richtung Kissamos unterwegs. Die circa 6 Kilometer auf dem Strand bis in die Stadt liefen sich erstaunlich leicht. Nach gut eineinhalb Stunden saß ich in einem kleinem Cafe in dem kleinen Städtchen, mümmelte ein knatschigen Toast und gönnte mir nochmal einen leckeren O-Saft. Danach füllte ich meinen Frischobst-Vorrat auf und testete das Thema Bankkarte und griechischer Automat :-) bevor ich mich in Richtung Südküste von Kreta aufmachte. Die Strecke heute sollte mich einmal quer über die Insel auf die andere Seite nach Sfinari bringen.
Es dauerte noch echt ewig, bis ich endlich aus der Stadt draußen war und der Weg hatte jetzt nicht viel Schönes: Teer, Teer und zur Abwechslung mal Betonplatten. Es ging durch die "Neubaugebiete" oder eher "Baugebiete", denn neu war da nichts mehr. Irgendwie sah man, dass den Griechen wohl das Geld ausgegangen war - fast jedes dritte Haus war eine Bauruine. Das Erdgeschoss war meisten komplett fertig, Deckenplatte auch, vier Pfeiler für den ersten Stock ragten in die Luft und dann war's Geld wohl gar. Faszinierend (zumindest anfangs) fand ich die Vorgarten-Gestaltung vieler Häuser - von alten Elektrogeräten, über kaputte Möbel, viel Bauschutt oder meist ausgeschlachteten oder ausgebrannten Autos hab ich alles gesehen. Das krasse war: die neuen Autos standen oft ein paar Meter weiter in der Einfahrt vor dem halbfertigen Haus oder in einer halbfertigen Garage. Und das war jetzt echt nicht nur ein oder zwei Mal der Fall! Nach der Stadt verlief der Weg durch eine Hügellandschaft mit Olivenhainen stetig bergauf, leider alles auf Teer, der durch die mittlerweile mehr als sommerlichen Temperaturen immer weicher wurde. "Osram ungnädig" brüllte aber auch sowas von runter, dass das Laufen jetzt nicht unbedingt ein Hochgenuss war. Konnte auch daran liegen, dass der Teer mir nach 4 Stunden echt auf den S... ging, der Geruch von heißem Teer gemischt mit heißem Gummi (neben der Straße verliefen mehrere Leitungen, dicke schwarze Gummischläuche) nicht erquickend war und zudem diese von oben so hübsch anzusehenden Olivenhaine von unten die reinste Müllhalden waren.
Kurz nach eins machte ich es mir unter einem großen Olivenbaum bequem, mümmelte einen leckeren Apfel und lüftete meine Füße. Frischgestärkt und mit besserer Laune packte ich meine sieben Sachen und stiefelte weiter Richtung Südküste. Kurzzeitig ging der Teer in Schotter über, juhu... allerdings wirklich nur kurz. Auf diesem Schotterstück sah ich auch dann die erste offizielle E4-Markierung :-)
Nach vielen Kilometern auf der Verbindungsstraße von Kissamos nach Sfinari, unzähligen Kurven und vielen Sitzpausen auf der Leitplanke (woanders konnte man ohne Gefahr zu laufen überfahren zu werden nicht Pause machen) marschierte ich eeendlich in Sfinari ein. Ein kleines Dorf direkt am Strand, bestehend aus ein paar Häusern, einer riesigen Kirche, zwei Strand-Restaurants, einem Campingplatz und erstaunlich vielen Touris. Ich war sowas von kaputt, dass ich mich auf den erst besten freien Stuhl am Strand-Restaurant fallen ließ und mir erstmal einen kalten O-Saft und ne große Coke gleichzeitig bestellte. Als ich die Getränke vom Besitzer dann gebracht bekam, sagte der mir gleich, dass ich hinter'm Haus auf deren Zeltplatz umsonst übernachten könne, solange ich bei ihm was zu essen bestellen würden. Gesagt getan :-) der frische Oktupus hing eh schon so verlockend über der Leine am Grill, da musste ich nicht lang überlegen. Nach einem leckeren gegrillten Tentakelarm, einem Ranken Brot nur mit Knoblauch und Öl dazu und einem weiteren O-Saft eierte ich mit schmerzenden Beinen zum Zeltplatz hinterm Haus und stellte mein Zelt auf. Es gab sogar eine Freiluft-Dusche mit lauwarmen Wasser. Für den Tag brauchte ich dann auch nichts mehr - kaum hatte ich alles fertig aufgestellt und ausgepackt, geduscht und mich auf die Isomatte gelegt, fielen mir auch schon die Augen zu.
Wenn mich jemand fragt, warum ich jede freie Minute und Urlaube meinen Rucksack packe und alleine losziehe - keine Ahnung, ich kann's ehrlich nicht erklären, warum ich das mache. Nur eins kann ich mit Gewissheit sagen: es macht definitiv süchtig!
Allein unterwegs zu sein - jeden Tag wo anders zu sein - nicht zu wissen, wo man am Ende des Tages landet - die Natur zu genießen - all das sind so die typischen Antworten, die man dann auf solche Fragen gibt.
Goethe beschreibt es meiner Meinung nach ziemlich gut und bringt es mit einem einfachen Satz auf den Punkt: "Nur wo du zu Fuß warst, warst du wirklich!"
Noch so Wandersüchtige: www.wanderbursche.net / www.soultrails.de / darwinonthetrail.com
Und hier, einfach nur toll: www.illpushyou.com