Ein laues Lüftchen, Wellenrauschen und ab und an mal leises Tiergeraschel war alles, was ich in der Nacht zu hören bekommen hab... ich hatte prima geschlafen! Kein Vergleich zu der Nacht davor. Kurz vor Sonnenaufgang packte ich mein Zelt zusammen und versuchte meine Schuhe und Socken Sand-frei zu bekommen. Zum Frühstück (lecker lauwarmer Apfel und Krümelkekse) setzte ich mich auf mein gepacktes Geraffel und schaute dem Sonnenaufgang zu. Die Stille und das noch laue Lüftchen waren klasse - laut der Wettervorhersage waren für den Tag so um die 35 Grad vorhergesagt, da wollte ich möglichst früh los.
Der Weg war prima: es ging zwar ordentlich hoch und runter, aber wirklich toll abwechslungsreich! Ein kleiner Pfad mal über Felsen, mal zwischen durch, dann wieder runter zum Strand...so konnte es weitergehen. Ging es aber leider nur knappe 14 Kilometer bis Krios-Beach. Dort zischte ich erstmal zwei Dosen Cola an einem Mini-Strandcafe (sonst ist da nix: kein Mensch, kein Tier, aber plötzlich im Nirgendwo eine kleine Bude) und lüftete meine Füße. Nach diesem Strandabschnitt sollten es -laut eines Reiseberichtes aus dem Netz- "Landschaftlich nicht ganz so reizvolle" Kilometer bis Paleochora sein. Diese Beschreibung war und ist die Untertreibung des Jahrhunderts - Highway to hell beschreibt es wohl eher. Zuerst ein paar Kilometer über eine Staub-Schotterpiste (noch okay) schnurgerade auf einen Vorort von Paleochora zu, links und rechts der Piste im Straßengraben Müll. Irgendwann gewöhnt man sich an den Geruch, dachte ich mir. Zu dem Müllduft gesellte sich dann der Duft von warmen Asphalt dazu - die Schotterpiste ging in eine Teerstraße über (auch noch okay). Und dann wurde es echt gruselig: es ging kilometerlang durch eine Art Geisterstadt - links und rechts kaputte Gewächshäuser, es flatterten wie in einem Horrorfilm auch überall Fetzen der weißen Plastikfolie der Gewächshäuser im Wind und der Gestank war unbeschreiblich. Zwischen der Teerstraße und den Gewächshäusern war meist eine kleine Mauer und danach ein Graben - leider war ich so neugierig und wollte wissen, was da so bestialisch stinkt, hab über die Mauer geschielt und mich fast übergeben. Nur so weit, es lebten wohl mal Schafe zwischen den Gewächshäusern...! Zwischen den ganzen kaputten Gebäuden standen ab und an halbfertig gebaute Häuser, in denen Menschen in diesem Gestank lebten - ich konnte es echt nicht fassen. Die Krönung der Gruseligkeit kam allerdings noch (ich hab ja eigentlich kein Schiss, wenn es um's Alleinelaufen geht. Da muss ich aber ehrlich sagen, wäre ich über Begleitung echt froh gewesen. Das war jetzt nämlich nicht mehr Okay): Es kamen drei Männer aus den Häusern und liefen mir nach bzw. neben mir her und quatschten mich mit ihrer Lebensgeschichte voll und wollten ständig wissen, ob ich allein unterwegs bin. War ich in dem Moment natürlich nicht - ist nur blöd das zu behaupten, wenn weit und breit kein anderer Wanderer in Sicht ist! Zum Glück kam just in dem Moment ein Auto -witzigerweise mit Hamburger Kennzeichen- mit zwei Mädels, die nach dem Weg zum Krios-Beach fragten. Schwubs waren die Typen alle verschwunden und ich nahm die Beine in die Hand und machte mich da vom Acker.
Die Straße ging dann noch ganze 10 Kilometer schnurgerade auf Paleochora zu. Als ich endlich in der zugegeben echt niedlichen Hafenstadt ankam, war ich sowas von froh. Da machte mir der restliche Weg zum Campingplatz , der komplett am anderen Ende der Stadt lag, auch nix mehr aus. Mehr als am A... checkte ich auf dem kleinen Campingplatz ein, baute mein Zelt auf und gönnte mir zwei große Colas und danach eine riesen Portion Gyros mit Pommes und Salat. Am Abend rauschte dann ein heftiges Gewitter über den Platz hinweg, da stand dann erstmal kurzfristig alles unter Wasser (mein Zelt hat zum Glück ein paar Zentimeter Bodenwanne, hat grad so gereicht) - danach war's dann richtig schön kühl und zum Schlafen angenehm temperiert :-) nach dem Tag sollte der Schlaf eigentlich kein Problem sein, so kaputt wie ich war!
Wenn mich jemand fragt, warum ich jede freie Minute und Urlaube meinen Rucksack packe und alleine losziehe - keine Ahnung, ich kann's ehrlich nicht erklären, warum ich das mache. Nur eins kann ich mit Gewissheit sagen: es macht definitiv süchtig!
Allein unterwegs zu sein - jeden Tag wo anders zu sein - nicht zu wissen, wo man am Ende des Tages landet - die Natur zu genießen - all das sind so die typischen Antworten, die man dann auf solche Fragen gibt.
Goethe beschreibt es meiner Meinung nach ziemlich gut und bringt es mit einem einfachen Satz auf den Punkt: "Nur wo du zu Fuß warst, warst du wirklich!"
Noch so Wandersüchtige: www.wanderbursche.net / www.soultrails.de / darwinonthetrail.com
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