Was war das eine Nacht! Ab dem späten Abend bis weit nach Mitternacht musste ich sämtliche Flowerpower-Alt-Hippie-Lagerfeuer-Klassiker über mich ergehen lassen, direkt neben meinem Zelt einer unglaublichen Diskussion zweier österreichischer Aussteiger über die ihrer Meinung schon lang überfälligen Legalisierung von Cannabis zuhören, dreimal mein Zelt wieder abspannen (weil ein und der selbe volltrunkene Vollpfosten dreimal an meinem Zelt vorbei wollte) und als i-Tüpfelchen oben drauf einem Trommelkonzert um Mitternacht lauschen! Aaaalter… kein Wunder, dass die Einheimischen mittlerweile laut über ein Verbot dieser "Strand-Besucher" nachdenken!
Total gerädert und völlig fertig baute ich noch vor Sonnenaufgang mein Zelt ab - der Volldepp, der meine Zeltschnüre dreimal mitgenommen hatte, lag knappe 2 Meter schlafend neben meinem Zelt bäuchlings im Sand und sabberte schnarchend den Strand voll. Bermudashorts auf "halb acht", mit nur noch einem Socken dafür aber einer aufrecht stehenden (!) Bierdose in der Hand, machte er Homer Simpson echt Konkurrenz! Die ersten 100 Metern über den Strand die Küstenvariante des E4s entlang hatten anfangs was von Hindernislauf - überall lagen halbnackte oder auch mal ganz nackte Menschen im Sand auf Isomatten oder unter Sonnensegeln rum und schlummerten friedlich. Man-o-man, war ich froh, als ich da weg war!
Auf dem Plan stand für heute, den E4 nicht hoch zur Omalos-Ebene und dann durch die Samaria-Schlucht wieder runter, sondern die Küstenvariante in zwei Etappen nach Agia Romeli zu laufen. Laut Berichten aus dem Netz soll die Variante die schwerere, aber schönere von beiden sein. Die Schlucht wollte ich mir dann an meinem "Ruhetag" zur Halbzeit in Agia Romeli anschauen. Geplant, getan...es ging die Küste lang. Immer im Zick und Zack und rauf und runter durch die weißen Berge bzw. an deren Ausläufer der Steilküste entlang...schööön. Manchmal war die Wegführung, naja "alpin" kann ich's nicht nennen, denn alpine Wege sind irgendwie sicher, durchdacht und meist anständig angelegt. Sagen wir mal "griechisch alpin" umschreibt es denke ich ganz gut. Mit dickem Rucksack war die ein oder andere Stelle etwas heikel - ging, zwar mit Stift in der Hose, aber ging irgendwie. In der Nähe der Ruine Tripiti Koules, direkt an der Kirche Nikolaos (oder so ähnlich) und der Quelle daneben war dann die Etappe für den Tag zu Ende. Auf Grund der Nacht zuvor, wurde ich an dem Abend mal so gar nicht alt und schlief mehr als zügig ein.
Wenn mich jemand fragt, warum ich jede freie Minute und Urlaube meinen Rucksack packe und alleine losziehe - keine Ahnung, ich kann's ehrlich nicht erklären, warum ich das mache. Nur eins kann ich mit Gewissheit sagen: es macht definitiv süchtig!
Allein unterwegs zu sein - jeden Tag wo anders zu sein - nicht zu wissen, wo man am Ende des Tages landet - die Natur zu genießen - all das sind so die typischen Antworten, die man dann auf solche Fragen gibt.
Goethe beschreibt es meiner Meinung nach ziemlich gut und bringt es mit einem einfachen Satz auf den Punkt: "Nur wo du zu Fuß warst, warst du wirklich!"
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