TAG 15

Haeverstolen - Meslogard

Am nächsten Morgen hörte ich beim Aufstehen schon, dass das Wetter sich komplett geändert hatte: es prasselte ordentlich auf das kleine Dachfenster. Gemütlich packte ich meine Klamotten zusammen und richtete mir mein Gummizeug parat. In dem schummrigen Raum hatte ich doch glatt bis kurz nach acht gepennt - heute war's egal, bei dem Regen zog es mich eh nicht so schnell raus. In aller Gemütsruhe machte ich mir in der kleinen Kochecke nochmal eine leckere heiße Schokolade bevor ich mich in Gummi packte und losmarschierte. Es regnete wirklich Katzen und Hunde - einen Vorteil hatte es, die Schotterpiste war etwas weicher zu laufen und staubte nicht mehr so. Alles andere war genauso wie gestern...laaangweilige breite Schotterpiste durch eigentlich hübsche Landschaft, die heute im Regendunst allerdings verschwand.

Kilometer um Kilometer watschelte ich im Dauerregen auf diese Piste, dann wechselte der Weg mal in den Wald. Juhu, es ging durch schön dichter Nadelwald auf einem schmaler Trampelpfad. Manko hier: die Mücken! Selbst bei dem Dauerregen flogen hier Unmengen von den Mistviehchern rum. Kaum lies der Regen ein bisschen nach, schwirrte die Luft um mich rum nur noch. In Ermangelung geeigneter Pauseplätze lief ich immer weiter, bis ich an einen kleinen Jägerunterstand am Weg ankam. Dort im Trockenen legte ich eine längere Pause ein. An der Wand hingen ausgedruckte Bilder von irgendwelchen Jagden bzw. den Jagdstrecken und den feuchtfröhlichen Feiern danach. Männer! Irgendwie alle gleich - egal, ob meiner mit seinen Kumpels daheim oder die hier in Norwegen. Alter spielt da komischerweise auch keine Rolle. 

Das Wetter wurde immer nur partiell besser. Etwas nach dem Pausenplatz spitzelte mal kurz die Sonne durch die Wolken, war aber auch gleich wieder weg und es fing erneut an zu schütten. Die Gummiklamotte wurde ich nicht wirklich los. Gegen Mittag rum stand ich dann vor der Orka. Einem unter Fliegenfischern doch recht bekannten Fluss. Herrlich breit und schön schnell - bei dem Wetter allerdings genauso grau und trüb wie der Rest. Die Straße bzw. Schotterpiste hatte mich wieder und ich stapfte bei wirklich heftigem Dauerregen neben der rauschenden Orka entlang. Ich schaffte es auch tatsächlich mich in einem kleinen Waldstück das erste Mal zu verlaufen. Da nicht allzu viele Wegzeichen angebracht waren, lief ich einer roten Markierung an den Bäumen nach und stand prompt mitten im Nirgendwo und musste umdrehen. Naja, so kann man bzw. in dem Fall Frau die eigentlich als kurz geplante Etappe auch verlängern! Die richtige Abzweigung war allerdings schnell wieder gefunden und es ging weiter an dem Fluss entlang bei Schnürlregen und blödem Wind von vorne. Dank des "blöden" Windes, waren die dicken Regenwolken dann aber zum Glück irgendwann ein bisschen höher gepustet worden und es hörte endlich auf mit dem Wasser von oben. Und tatsächlich konnte ich um kurz nach zwei meine Regensachen ausziehen. Musste mich aber gleich ein"autanisieren", da die Mücken in Scharen umher flogen. Wahnsinn, was hier an Fliegeviehchern unterwegs war. Nach diesem Dauerregentag hatte ich keine großartige Lust irgendwo in der nassen Wiese mein Zelt, wie eigentlich geplant, aufzustellen. Und so wurde die nächstgelegene Herberge anvisiert. Der Weg führte noch eine ganze Weile an dem Fluss entlang bis ich zu einer Brücke kam. Dort überquerte ich die Orka und der Weg führte direkt an der Hauptstraße entlang bis nach Meslogard. Als ich die Brücke überquert hatte, lief direkt auf der gegenüberliegenden Seite auch ein Wanderer aus dem Wald heraus auf die Straße zu und vor mir her bis zur besagten Herberge. Ein Mitwanderer, namens Robert, der in dem Ort Berkak gestartet war. Zusammen liefen wir auf dem kleinen Bauernhof ein und wurden nett mit Kaffee und Keksen begrüßt. Er war ein in Olso lebender Deutscher, der sich die letzten 100 Kilometer des Olavsweges bis Trondheim vorgenommen hatte. Ähnlich wie in Spanien bekommen auch hier erst die Pilger dann diese "Ich-hab-es-geschafft"-Urkunde, wenn man die letzten 100 Kilometer zu Fuß zurück gelegt hat.

Wir knobelten, wer zuerst unter die Dusche durfte und so bezog ich erstmal in aller Ruhe das kleine Pilgerhäuschen, suchte mir eines der Betten aus und wartete darauf, dass die Dusche frei wurde. Neben meinem Bett stand die FLiegenfischer-Bibel schlecht hin "Die Quintessenz des Fliegenfischens", halt auf norwegisch, und ich musste das erstmal grinsend für daheim fotografisch festhalten. Passend daneben meine Stöcke und die zum Trocknen aufgehängten nassen Socken.

Nach der Dusche und einem heißen Tee machte ich mir eine meiner Tütensuppen und verkrümelte mich danach recht schnell ins warme kuschelige Bett. Draußen fing es nämlich wieder an zu regnen und irgendwie war mir nach "im-Bett-liegen". Mit Hörbuch im Ohr bin ich dann wohl auch irgendwann recht früh eingeschlafen.