Mein vorletzter Lauftag begann mit einem leckeren Kaffee und dem Rest Käse mit etwas Schüttelbrot zum Frühstück. Diese Liege war alles andere als bequem gewesen und so war ich recht früh auf den Beinen. Geschlafen hatte ich aber trotzdem gut. Die Klamotten verschwanden schnell zusammengepackt im Rucksack und so ging es bei strahlend blauem Himmel los. Ich hatte mir am gestrigen Abend im gelben Büchlein eine Unterkunft namens Sundet Gard für heute ausgesucht. Bis dahin waren es nicht ganz so viele Kilometer und so trödelte ich schon fast beim Laufen und machte viele Pausen.
Nach den ersten Kilometern auf Teer ging der Weg wieder in einen kleinen Trampelpfad über und schlängelte sich durch hübschen Nadelwald und kurze Stücken Moor - toll zu laufen. Hier lag alles voll mit den Hinterlassenschaften von Elchen, allerdings hatte ich bis dato keinen einzigen zu Gesicht bekommen. Generell hatte ich kein Wild gesehen, einmal die Auerhenne, aber das war's. Kein Reh, Hase, Fuchs oder Ähnliches hatte sich blicken lassen. Nur jede Menge Mücken und oben im Fjell diese kleinere Variante dieser Mistviehcher, die Knots. Wenn ich die über die Zeit alle zusammenzähle, hab ich wohl in Summe auch nen kleinen Elch zusammen :-)
Es ging weiter durch Wälder, über Felder und Wiesen Hügel auf Hügel ab. Vorbei an Pferdekoppeln und Kuhweiden (hier waren nicht die Mücken so lästig, sondern Unmengen an Fliegen) und hübschen kleinen Höfen. Als ich wieder eine kleine Hügelkuppe erreicht hatte, konnte ich zum ersten Mal das Meer bzw. einen Fjord in der Ferne erkennen. Das Gefühl war anfangs "Uiiii toll, das Meer", änderte sich aber schnell in ein "och nööö, die Tour ist fast zu ende". Den Hügel ging es dann auf Teer in Serpentinen durch ein kleines Städtchen runter. Das zog sich ein Bisschen und ich hatte eigentlich die Hoffnung unten am Strand ein Cafe oder Ähnliches zu finden. Leider gab es da gar nichts in der Richtung. Die Norweger haben es aus irgendwelchen Gründen nicht so mit Restaurants oder Cafes, zumindest bin ich nicht an all zu vielen vorbei gekommen. Also lief ich auf dem Radweg am Wasser entlang. Nach dem kurzen Strandabschnitt ging es immer noch auf Teer einen Hügel hoch und den selben auf der andren Seite über einen matschigen Pfad wieder runter. Unten angekommen folgte der nächste Strandabschnitt, diesmal auf einem Sandweg. Dort gab es einen kleinen Campingplatz mit einem Kiosk am Strand, der sogar offen hatte. So kam ich dann doch noch an den schon lang ersehnten Kaffee und ich machte eine schön lange Pause dort im Windschatten auf einem Stuhl auf der Veranda.
Nach zwei Kaffees und einem kleinen Eis machte ich mich weiter auf in Richtung Tagesziel, Sundet Gard. Weit war es nicht mehr und so lief ich ganz gemütlich. Der Weg führte nun brettelseben zuerst am Strand entlang und danach in einigem Abstand zum Fjord an kleinen Häuschen, Feldern und Wiesen vorbei. Irgendwann stand ich dann vor einer kleinen Bank mit Schildchen direkt am Fjord und auf der gegenüberliegenden Seite konnte ich den großen schönen Hof Sundet Gard erkennen. Hier konnte der Besitzer angerufen werden, und dieser holte einen dann mit dem Ruderboot ab. Wer bei ihm übernachten würde, zahlt für die Überfahrt nichts. Also klingelt ich bei ihm an und bekam die Nachricht, dass er noch etwa eine Stunde brauchen würde bis er mich holen konnte. Da das Wetter ganz gut war und die Bank sehr bequem sollte die Stunde kein Problem sein und so sagte ich ihm zu. Ich machte es mir gemütlich, mümmelte einen Schokoriegel und legte mich faul in die Sonne.
Zum Zeitvertreib schalte ich das Handy an, eigentlich um das Wetter und die Übernachtungsmöglichkeiten in Trondheim zu checken und es hagelte erstmal x Nachrichten von meiner Fluggesellschaft, Mails und Anrufe. Na toll, war wohl irgendetwas mit meinem Flug nach Hause. Also telefonierte ich notgedrungen mit der Fluggesellschaft und musste mir einen Ersatzflug organisieren, da mein eigentlicher Flug gecancelt worden war. Hatte ja Zeit...! Zum Glück war in Norwegen das Netz meist mehr als gut, überall - selbst im Fjell - war das Thema Internetverbindung keines! So hatte ich zumindest keinerlei Verbindungsprobleme und konnte alles in Ruhe managen. Hatte doch was für sich, dass mein Fährmann nicht gleich Zeit gehabt hat. Nach gut eineinhalb Stunden machte sich am anderen Ufer ein kleines Ruderboot auf den Weg in meine Richtung und etwa eine Viertelstunde später legte es vor mir an. Schnell war alles geklärt und schon waren wir auf dem Wasser auf dem Weg zur anderen Seite.
Sundet Gard war ein richtig großer landwirtschaftlich betriebener Hof - die Schweine roch man auch ziemlich deutlich ;-) meine Unterkunft lag in einem kleinen Häuschen weiter abseits am Hang und bestand aus zwei Zimmern mit Betten, einer Küche, einem gemütlichen Wohnraum mit Ofen und einer großen Veranda außen dran. Ich breitete mich in einem der Zimmer aus und lümmelte mich danach mit einer Tasse heißer Trinkschokolade auf das gemütliche Sofa in dem kleinen Wohnzimmer und schrieb meinen Tagebuch. So verbrachte ich den Rest des Tages gemütlich auf dem Sofa. Machte mir abends noch eine meiner Tütensuppen warm und nach ner langen heißen Dusche kuschelte ich mich gemütlich in mein Bett.
Wenn mich jemand fragt, warum ich jede freie Minute und Urlaube meinen Rucksack packe und alleine losziehe - keine Ahnung, ich kann's ehrlich nicht erklären, warum ich das mache. Nur eins kann ich mit Gewissheit sagen: es macht definitiv süchtig!
Allein unterwegs zu sein - jeden Tag wo anders zu sein - nicht zu wissen, wo man am Ende des Tages landet - die Natur zu genießen - all das sind so die typischen Antworten, die man dann auf solche Fragen gibt.
Goethe beschreibt es meiner Meinung nach ziemlich gut und bringt es mit einem einfachen Satz auf den Punkt: "Nur wo du zu Fuß warst, warst du wirklich!"
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