Die ganze Nacht über hielt der Regen-Sound an und als ich aufstand bließ zudem noch ein sehr unangenehm kalter Wind. Im Schlaf- und Biwaksack war's so schön kuschelig warm gewesen. Eine gute Stunde später hatte ich zwei heiße Kaffees und ein leckeres Porridge intus, meine Klamotten alle gepackt, mich an die kaltnassen Schuhe gewöhnt und das Tarp als Poncho über mich und meinen Rucksack geworfen und lief den SHS weiter. Es schüttete was runterkam und so war der Pfad durch die Wiesen nicht mehr wirklich so angenehm zu laufen wie gestern. Zudem waren viele Teile nicht gemäht und mir Zwerg ging das Gras manchmal bis zur Hüfte. Irgendwie hatte ich auch immer das Glück, grad wenn ich die Schuhe wieder einigermaßen trocken gelaufen hatte, durch ein besonders hohes oder dichtes Grasstück zu laufen. So manch einen Bogen um eine Wiese rum hätte ich mir an dem Tag gerne mit einem Stück Feldweg erspart. Meinen neuer Hut von OR konnte ich so jedenfalls auf Herz und Nieren testen und befand ihn als "jeden Cent wert" - hält dicht, sitzt auch bei viel Wind 1a und die Brille hatte nicht einmal kleine Spritzer Wasser abbekommen.
Es dauerte bis mittags bis der heftige Dauerregen etwas weniger wurde, der starke Wind war zwar kühl aber sorgte dafür, dass die Wolken weiterzogen. An einem Stausee bei Nonnweiler freute ich mich unten an der Staumauer noch auf den heißen Kaffee, den es oben am See geben sollte. Nur als ich oben ankam, war das kleine Café zu. Von wegen "täglich geöffnet von April bis Oktober" - ich verkrümelte mich in eine windstille Ecke und machte auf den Stühlen des Bistros eine Pause. Danach führte mich der Weg über den Ringwall von Nonnweiler, einen riesen Steinhaufen der Kelten. Echt klasse, was die Jungs und Mädels da gebaut hatten. Oben angekommen kam auch tatsächlich die Sonne durch die Wolken und die Sicht auf den Stausee und die Umgebung war super. Ich drehte ein paar Runden auf dem Gelände und dem Ringwall und folgte danach dem SHS weiter in Richtung Neuhütten. Da hier der Nationalpark Hundsück-Hochwald anfing, wollte ich mir irgendwo bei Neuhütten, Züsch oder Umgebung ein Fleckchen zum Schlafen suchen. Da machte die Nationalparkgrenze einen Bogen. Zudem peilte ich das auf der Karte angegebene Restaurant an. Das Wetter war herrlich und selbst der Abstecher weg vom SHS lief sich prima. Einzig die Tatsache, dass weder eine Einkehr- noch eine Einkaufsmöglichkeit in beiden Käffern vorhanden war, trübte die Laune etwas. Hier war wirklich der Hund begraben. Ich hatte an dem Tag bisher keine Menschenseele getroffen.
Etwas außerhalb von Züsch hatte ich dann genug vom Laufen und mittlerweile auch einen mords Kohldampf und so fragte ich einfach auf einem Pferdehof, ob ich irgendwo auf eine der Koppeln mein Zelt aufstellen durfte. Ich durfte und zu meiner Überraschung konnte ich sogar die Dusche einer der Ferienwohnungen benutzen und bekam einen heißen Kaffee und eine Suppe angeboten. Klasse! Sogar ein Frühstück für den nächsten Tag bot die nette Besitzerin mir an. Noch viel besser. Die Dusche war echt notwendig, meinen Füßen tat das echt gut und auf der kleinen Koppel hinter dem großen Anwesen war es richtig windgeschützt und mein Zeltplatz lag direkt in der Sonne. Einfach toll. An dem Abend lag ich dann gemütlich in meinem Schlaf-und Biwaksack, schaute noch dem Sonnenuntergang zu und war danach auch schon eingeschlafen.
Wenn mich jemand fragt, warum ich jede freie Minute und Urlaube meinen Rucksack packe und alleine losziehe - keine Ahnung, ich kann's ehrlich nicht erklären, warum ich das mache. Nur eins kann ich mit Gewissheit sagen: es macht definitiv süchtig!
Allein unterwegs zu sein - jeden Tag wo anders zu sein - nicht zu wissen, wo man am Ende des Tages landet - die Natur zu genießen - all das sind so die typischen Antworten, die man dann auf solche Fragen gibt.
Goethe beschreibt es meiner Meinung nach ziemlich gut und bringt es mit einem einfachen Satz auf den Punkt: "Nur wo du zu Fuß warst, warst du wirklich!"
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