Die Nacht wurde es richtig zapfig und morgens kurz vor dem Hellwerden fröstelte ich anständig. Der Himmel war allerdings blau und ohne Wolken, so würde es sicher in der Sonne schnell warm werden. Ich blieb noch etwas liegen und döste vor mich hin. Als es hell war, setzte ich mich auf und brauchte eine Weile, um zu verstehen, was ich da auf meinem Biwaksack sah. Alles war voller Zecken, es wuselte regelrecht. Richtig große Exemplare waren da dabei - grausig. So geschüttelt und geekelt hatte es mich schon lang nicht mehr. Ich robbte wie eine Raupe unter meinem Tarp hervor und stand im Biwaksack auf und schüttelte erstmal die Viecher ab. Zum Glück war das Ding total geschlossen und mit Moskitonetz dicht. Ich zog erstmal zum Anziehen und Rucksackpacken an die Feuerstelle um und nutzte dort die Bänke. Mein Tarp, Biwaksack und die Bodenplane hängte ich etwas weiter entfernt an einen Baum und hoffte, das bisschen Wind schüttelte die restlichen Zecken ab. Mich grauste es regelrecht das Zeug wieder in den Rucksack packen zu müssen.
Die Zeckenkontrolle fiel diesmal mehr als gründlich aus und ich war froh und fast schon verwundert, keine abbekommen zu haben. Ich machte mir etwas Wasser heiß für Kaffee und setzte mich in die Sonne und schlürfte das Heißgetränk. Nach gut einer halben Stunde schüttelte ich alle Sachen, die am Baum hingen, nochmal anständig aus und stopfte alles in einen meiner wasserdichten Packsäcke, machte den anständig zu, und danach erst in meinen Rucksack. Vorsichtshalber...man weiß ja nie.
Ein paar Kilometer verlief der SWS genauso wie am Tag zuvor als Mini-Trampelpfad durch dichten Buchenwald. Dann folgte ein kleines Stückchen Moor und danach verlief der Weg auf schnurgeraden Forststraßen durch dichten Wald. Kilometerlang ging es über diese Geraden bis zum Schanzerkopf. Dort machte ich an der kleinen Schutzhütte erstmal Pause. Das Wetter war eigentlich schön sonnig, da ich aber meist unter dichtem Blätterdach durch den Wald lief, bekam ich nichts davon mit. Der Weg wurde ab hier leider richtig eintönig - nur noch Buchenwald und der Weg ging mitten durch junge Buchen. Um einen rum alles Grün, oben, unten, links und rechts. So richtig toll ist was anderes. Zum Teil echt ein Kampf sich da durchzuwühlen. Mittags belohnte ich mich mit einem Burger ;-) der SWS verlief hier ein Stückchen an der A45 entlang und passierte den Autohof Rheinböllen mit einem Burger King. Lecker! Und hier merkte ich dann auch, dass ich doch nicht so ganz unbehelligt in Sachen Zecken davon gekommen war. Eines der Mistviehcher hatte mich erwischt und sich festgebissen und wurde fachmännisch (hatte ja alles dabei :-) auf der Toilette im Burger King entfernt.
Frisch gestärkt und nochmal einautanisiert marschierte ich weiter, zuerst durch nasses hohes Gras (der Weg war hier nicht mehr zu erkennen) an der Autobahn entlang, dann durch Wald den Hügel hoch an der Emmerichshütte vorbei immer weiter bis zum Ohligsberg. Bei schönstem Wetter und bester Sicht genoss ich eine lange Pause am Ohligsberg. Wenn man die großen Windräder einfach übersah, war die Aussicht echt klasse! Ich wollte heute bis zum Trekkingplatz Lauschhütte laufen. Die hatten zwar offiziell noch nicht auf, aber ich hatte vorab mit dem Besitzer vereinbart, dass ich auf dem Zeltplatz trotzdem übernachten durfte und auch den Wasseranschluss nutzen konnte. Zu meiner Überraschung war doch jemand da und mir wurde eines der Feldbetten in der aufgebauten Jurte auf dem Zeltplatz angeboten. Mir war's grad recht - es grauste mir immer noch vor dem Biwaksack und der Bodenplane...
So nahm ich das Feldbett-Angebot dankend an, durfte sogar die Toiletten benutzen und nutze die Gelegenheit zum Wäschewaschen. Zudem wurde der Biwaksack und Bodenplane nochmal in den Wind gehängt. Und tatsächlich fand ich noch ein paar Zecken am Moskitonetz. Den restlichen Abend verbrachte ich neben der Jurte auf einer Bank in der untergehenden Sonne und ließ mir meine Rucksackreserven schmecken. Morgen würde ich ja bereits in Bingen einlaufen, da konnte ich also ruhig reinhauen.
Wenn mich jemand fragt, warum ich jede freie Minute und Urlaube meinen Rucksack packe und alleine losziehe - keine Ahnung, ich kann's ehrlich nicht erklären, warum ich das mache. Nur eins kann ich mit Gewissheit sagen: es macht definitiv süchtig!
Allein unterwegs zu sein - jeden Tag wo anders zu sein - nicht zu wissen, wo man am Ende des Tages landet - die Natur zu genießen - all das sind so die typischen Antworten, die man dann auf solche Fragen gibt.
Goethe beschreibt es meiner Meinung nach ziemlich gut und bringt es mit einem einfachen Satz auf den Punkt: "Nur wo du zu Fuß warst, warst du wirklich!"
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